Frau hält das 9-Euro-Ticket hoch. Frau hält das 9-Euro-Ticket hoch.

9-Euro-Ticket: Bilanz zur Aktion

Ein Rückblick

Von Juni bis einschließlich August 2022 konnten Menschen mit dem 9-Euro-Ticket bundesweit Busse und Bahnen vergünstigt nutzen. Seit Verkaufsstart bis Ende August haben rund 52 Millionen Menschen das Ticket gekauft. Hinzu kommen mindestens zehn Millionen ÖPNV-Abonnent*innen, die das Angebot automatisch erhalten haben. Sowohl die hohe Nachfrage als auch die in erster Linie positive Resonanz zeigen: Das 9-Euro-Ticket war ein voller Erfolg.

Das 9-Euro-Ticket hat den öffentlichen Personennahverkehr wieder ordentlich in Schwung gebracht. Die Aktion, die zum Entlastungspaket der Bundesregierung gehörte, war einmalig, zeitlich begrenzt und einzigartig günstig – der Erfolg riesig. Die hohe und ungebrochene Nachfrage nach dem Angebot hat gezeigt: Viele Menschen wollen einen einfachen, bezahlbaren Zugang zu Bus und Bahn. Wie Menschen das 9-Euro-Ticket genutzt haben, wie Fahrgäste, Verkehrsunternehmen und Politik das Angebot wahrgenommen haben und wie es mit einer Anschlusslösung aussieht, im Folgenden ein kleiner Überblick.

Fahrgäste ziehen positive Bilanz

Bei den ÖPNV-Nutzer*innen kam das 9-Euro-Ticket in erster Linie positiv an – genau das zeigen diverse Kommentare in den sozialen Netzwerken. So resümiert ein Nutzer auf Twitter: „Es ist nicht nur der günstige Preis, der das 9-Euro-Ticket so attraktiv zum Auto macht. Es sind vor allem die landesweite Gültigkeit und der Wegfall von Tarifzonen, durch die ÖPNV plötzlich unkompliziert wird. Beste Maßnahme der Bundesregierung, die fortgesetzt werden sollte.“

Das 9-Euro-Ticket ist eine Initiative der Bundesregierung im Rahmen des Energie-Entlastungspaketes. Es zielte darauf ab, die gestiegenen Energie- und Spritpreise für Bürger*innen zu kompensieren. Als Entlastung geplant hat das Angebot auch genau das getan – eine Userin erklärt auf Twitter: „Mal etwas Positives: Ich bin armutsbetroffen und freue mich wahnsinnig über das 9-Euro-Ticket! (Ja, es gibt auch viel Kritik daran, aber die lasse ich mal beiseite!) Ich komme nach Jahren mal wieder ein bisschen aus dem 5.000-Einwohner-Ort raus, in dem ich lebe.“

Durch das 9-Euro-Ticket haben sich die eingebrochenen Fahrgastzahlen wieder erholt. Menschen, die sonst nicht mit dem ÖPNV unterwegs waren, sind in Bus und Bahn gestiegen. Gesellschaftlich hat das Angebot eine nie dagewesene Aufmerksamkeit für den ÖPNV geschaffen. Teilweise überfüllte Züge und eine unzureichende Infrastruktur haben aber gleichzeitig dazu geführt, dass der ÖPNV mancherorts an seine Grenzen gestoßen ist. Ein User hat genau dafür eine Erklärung parat: „Überfüllte Züge sind übrigens kein Zeichen dafür, dass das 9-Euro-Ticket ein Fehler war, sondern die autozentrierte Politik der letzten Jahrzehnte."

9-Euro-Ticket: Das zeigt die Marktforschung

Um unter anderem herauszufinden, wie zufrieden Fahrgäste mit dem 9-Euro-Ticket sind und wie sie es genutzt haben, wurde im Auftrag von Bund und Ländern eine Marktforschung mit 6.000 Interviews pro Woche in Auftrag gegeben. Koordiniert wurde diese vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) und der Deutschen Bahn und durchgeführt von den Marktforschungsinstituten Forsa und RC Research. Das sind die bisherigen Ergebnisse:

Das 9-Euro-Ticket hat eine Verkehrsverlagerung begünstigt: 10 % der Fahrten mit dem bundesweit gültigen Nahverkehrsticket haben eine Fahrt ersetzt, die sonst mit dem Auto gemacht worden wäre. Auch TomTom kommt zu dem Ergebnis, dass die Straßen mit der Einführung des 9-Euro-Tickets entlastet wurden. Demnach gab es in 23 von 26 untersuchten Städten einen Rückgang des Stauniveaus im Vergleich zur Zeit vor Einführung des 9-Euro-Tickets.

Auf Grundlage der vom Pkw verlagerten Fahrten schätzt der VDV, dass während des Aktionszeitraums rund 1,8 Mio. Tonnen CO2 eingespart wurden – mit drei Monaten 9-Euro-Ticket wird damit also genauso viel CO2 eingespart wie mit einem Jahr Tempolimit.

Was die Fahrtanlässe betrifft, waren diese vor allem alltäglicher Natur. Für die meisten Nutzer*innen des 9-Euro-Tickets ging es zur Arbeit, zum Arzt, zum Einkaufen oder zu sonstigen alltäglichen Erledigungen.

Die Zufriedenheitswerte der Nutzerinnen und Nutzer des 9-Euro-Tickets sind hoch: 88 % der Befragten sind mindestens zufrieden, jeder oder jede Fünfte ist sogar vollkommen zufrieden mit dem Angebot. Als positiv bewertet wurden unter anderem die Einfachheit und die Verständlichkeit des Tickets. 

Top-Kaufgrund für das 9-Euro-Ticket war der Preis. Das gaben 69 % der Befragten an. Für Neukund*innen (56 %) spielte der Preis dabei eine geringere Rolle als für Bestandskund*innen (76 %).  Ein weiterer häufig genannter Grund für das 9-Euro-Ticket war darüber hinaus die flexible Nutzung.

Das sagen Verkehrsunternehmen und Politik

Positive Bilanz ziehen auch Verkehrsbranche und Politik – unter anderem Bundesverkehrsminister Volker Wissing. Er erklärt: „Das 9-Euro-Ticket ist ein großer Erfolg und zeigt, wie wir vorangehen müssen, wenn wir im ÖPNV nachhaltig etwas verändern möchten. Es funktioniert plötzlich etwas, was viele nicht für möglich gehalten haben.“

Mögliche Nachfolgemodelle werden nun geprüft, so der Politiker: „Ich freue mich auch, dass es jetzt viele Vorschläge dazu gibt, wie ein mögliches Anschluss-Ticket aussehen könnte. Wir werden all das genau prüfen und evaluieren, auch eigene Modelle durchrechnen und mit den Ländern beraten. Wir müssen uns genau anschauen, zu welchem Preis man ein solches Ticket deutschlandweit anbieten könnte. Unser Ziel ist es, den Tarif-Dschungel zu beseitigen und das ÖPNV-Angebot für die Bürgerinnen und Bürger möglichst einfach und attraktiv zu gestalten.“

ÖPNV-Sommer mit dem 9-Euro-Ticket

Die kurzfristige Umsetzung des 9-Euro-Tickets stellte die Verkehrsunternehmen vor Herausforderungen. Mit dem Anklang, den das Angebot auf die Bevölkerung hatte, zeigt sich der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) aber zufrieden. "Das 9-Euro-Ticket gehört zu den am heißesten diskutierten Themen des Sommers 2022. Alleine dadurch, dass der ÖPNV und seine Potenziale bei Politik und Bevölkerung im Gespräch sind, war das 9-Euro-Ticket ein großer Erfolg", so RMV-Geschäftsführer Prof. Knut Ringat.

Die Fahrzeuge des RMV waren während der Aktion mancherorts gut ausgelastet. Aber: "Der absolut überwiegende Teil der Fahrgäste hatte Verständnis, dass bei so einem extrem günstigen Angebot Engpässe auftreten können", resümiert Prof. Knut Ringat. "Mein Dank gilt dem Personal, das mitten in der Corona-Sommerwelle einer besonderen Belastung ausgesetzt war."

„Sind mit allem gefahren, was wir hatten.“

Etwas gemischter sieht es Arnulf Schuchmann, Geschäftsführer der Bayerischen Regiobahn (BRB) – er erklärt: „Binnen Wochen mussten wir unsere Verkaufsstruktur und Tarifierung umstellen, was fast unmöglich schien, aber am Ende doch geklappt hat. Die drei Monate mit vergünstigten Tickets haben von unserem Zugpersonal Höchstleistungen gefordert. Viele Fahrgäste hatten bis dahin kaum Erfahrung mit Bahnfahren und es musste viel Aufklärungsarbeit geleistet werden. (…) Wir sind mit allem gefahren, was wir hatten, konnten nicht mehr Züge aufs Gleis bringen, weil bereits alle im Einsatz waren, weil Bahnsteiglängen dafür nicht ausreichen und Strecken bereits vorher schon an ihrer Auslastungsgrenze angelangt waren.“

Ein Erfolg war das 9-Euro-Ticket dem Geschäftsführer zufolge dennoch: „Es konnten viele den ÖPNV nutzen und Ausflüge machen, die sich das ohne das günstige Ticket kaum geleistet hätten. Manch einer hat das Zugfahren ausprobiert, ohne auf Zonen und Verbünde achten zu müssen. Das war sicher der größte Vorteil, die Einfachheit, und einfache Tarife sollten auch weiterhin ein Ziel sein.“

9-Euro-Ticket – Anschluss gesucht

Das 9-Euro-Ticket hat bei vielen Menschen den Wunsch nach mehr Bus und Bahn geweckt. Die Aktion zeigt: Menschen steigen gerne um. Das liegt nicht nur am günstigen Preis, sondern auch an der Einfachheit des Tarifs und des Tickets. Die bundesweite Gültigkeit wird gut von den Fahrgästen angenommen.

Doch wie geht es weiter? Ob und was nach dem 9-Euro-Ticket folgt, steht noch nicht fest. An den Erfolg des 9-Euro-Tickets gilt es aber anzuknüpfen, findet der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen und spricht sich dabei für ein Klimaticket für 69 Euro als Nachfolge aus. Die Fahrkarte soll bundesweit für den ÖPNV gelten. Aus sozialpolitischer Sicht könnte das Klimaticket zum Beispiel für die Dauer des Krieges bei 29 oder 39 Euro angesetzt werden.

Die Wichtigkeit einer Anschlusslösung an das 9-Euro-Ticket betont Oliver Wolff, Hauptgeschäftsführer des VDV: „Das 9-Euro-Ticket hat also nicht nur die Bürgerinnen und Bürger finanziell entlastet, sondern auch eine eindeutig positive Wirkung fürs Klima. Alle verantwortlichen Akteure sollten daher jetzt zügig über die Fortsetzung und Weiterentwicklung eines solchen Angebots entscheiden. Wenn wir Verkehrswende und Klimawandel ernst nehmen, dann müssen wir jetzt handeln.“

Ein günstiger Preis ist alleine aber nicht ausreichend. Es braucht darüber hinaus auch Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr – unter anderem in den Ausbau und die Modernisierung der Infrastruktur und in die Erweiterung des Angebots.